Version 2 vom 7.2.2024
Vor dem Ausbau und der Reise mit dem eigenen Fahrzeug muss feststehen, wie die Versorgung mit zuverlässigem Trinkwasser aussehen soll. Während 50 Jahren Reisen in Afrika, Südamerika, Naher Osten, Fernost, Arktis haben wir viele unterschiedliche Ideen umgesetzt.
Nicht alle erwiesen sich als sinnvoll oder praktikabel. In diesem Beitrag findet ihr die bewährten Konzepte, Bemerkungen und Hinweise.
Noch Eins vorweg – die Frage an Einheimische „Ist das Trinkwasser“ kann man sich sparen.
Die Antwort wird fast immer „Ja“ sein, denn sie holen und trinken das Wasser seit Generationen und sind an die regionale Keimlandschaft gewöhnt.
Wir nicht!
Den Beitrag habe ich in drei Teilen strukturiert:
Trinkwaser-Quellen
Ob Brunnen, Flaschenwasser, Wasserhahn oder Seen – zuverlässig gesundes Trinkwasser gibt es auf Fernreisen – von wenigen Gebieten abgesehen – nicht. Selbst bei uns werden immer wieder Verunreinigungen im Flaschenwasser belegt – unterwegs heisst es also sicherheitshalber „selber machen“.
Wasser auffüllen
Warum nicht das Rohwasser beim oder vor dem Einfüllen filtern? Dann hätte man nur noch sauberes, evt. entkeimtes Trinkwasser im Tank!
Sinnvoll ist es sicher, bei optisch stark verschmutzen Wasser durch einen Trichter, ein Sieb mit Stoff- oder Fliesstuch einzufüllen.
Eine Vorfilterung mit Keramik oder Papierfiltern in der Hoffnung sauberes Trinkwasser zu bevorraten, kann ich nicht empfehlen.
Der apparative Aufwand mit Filter, Pumpen, Schläuchen und Kabel ist sehr hoch und setzt eine relative Nähe zum Fahrzeug voraus.
Je nach Wasserqualität und Herkunft verunreinigen die Filter sehr schnell – unsere Keramik-Filterkerze war manchmal bereits nach 10 Litern „zu“ und musste (konnte!) gereinigt werden.
Wasserstelle bei Bamenda
Einen „Wegwerf“-Einmal-Papierfilter müsste man ersetzen.
Sollte es gelingen, das Wasser keimfrei (eher nur keimreduziert) in den Behälter zu bekommen, bleibt es nicht keimfrei, sondern verkeimt sehr schnell – u.U. in Stunden – nach. Unabhängig ob Kunststoff- oder Edelstahlbehälter. Folglich muss vor der Entnahme trotzdem entkeimt werden.
Ein letzter Grund gegen das „Vorher Filtern“ ist der Zeitaufwand. Durch einen sauberen Keramikfilter können bei 3 bar Überdruck etwas 3 Liter/Minute fliessen. Ein 100 Liter-Tank benötigt so eine halbe Stunde plus Auf- und Abbau der ganzen Technik und Reinigung oder ggfs. Austausch des Filters.
Da sollte man die Ruhe haben, die man an Wasserstellen gerne vermisst.
Wir haben unser Wasser grundsätzlich eingefüllt wie gefunden – sortiert nach Qualität! Nur wenn es sehr dreckig war – Kamelbrunnen im Sahel – wurde es, wie oben schon erwähnt, durch Tücher vom gröbsten Schmutz befreit. Mit dem Geschmäckle mussten wir leben, da wir keine Aktivkohle-Filter dabei hatten.
Wasser aufbewahren
Um dem Problem mit der unterschiedlichen Wasserqualität und der Notwendigkeit möglichst immer alle Behälter „voll“ zu halten, begegnen zu können, sind mehrere getrennte Behälter notwendig.
Am Brunnen In Alei bei Taoudeni
So nutzen wir einen grossen Tank für Wasser und einen zusätzlichen Kanister für gutes Trinkwasser oder mehrere Kanister für die unterschiedlichen gefundenen Wasserqualitäten. Auf späteren Reisen – mit grösseren Fahrzeugen – mindestens zwei getrennte Edelstahltanks.
Im Notfall steht also die gesamte Wassermenge – getrennt nach Qualität – zur Verfügung!
Besonders Brunnenwasser zeichnet sich durch mannigfaltige Geschmacksrichtungen aus. Das reicht vom magnesiumhaltigen Bitterwasser über salziges, artesisches Wasser bis zum kamelpisseversetzten Sahelbunnenwasser.
So ist für Jeden etwas dabei.
Wasser aufbereiten
Den Diskussionen, welche Mittel hier und dort und unter welchen Umständen verboten sind oder werden oder verboten werden könnten, möchte ich mich pragmatisch entziehen. Sicher ist nur, dass Silber nur noch zum Konservieren und nicht zum Entkeimen beworben werden darf. Im Wesentlichen gibt es die Möglichkeit chemisch mit Silberionen und Chlor (Silberionen dienen in erster Linie der Konservierung), mechanisch mit Filtern oder physikalisch mit UV-Licht zu entkeimen.
Wobei mit „Entkeimen“ immer nur eine Reduzierung der Keimzahl aber keine Keimfreiheit erreicht werden kann!
UV-Entkeimung
Seit Jahrzehnten werden die bekannten Leuchtstofflampen – nur ohne Leuchtstoff – eingesetzt, die prinzipbedingt UV-Licht ausstrahlen und nicht nur Protozoon, Bakterien sondern auch Viren abtöten. Nur benötigen diese ein Vorschaltgerät und eigentlich 230V, aber auch 12V Einheiten sind verfügbar. Bedenken muss man, dass die UV-Röhrengeräte für den stationären Einsatz konzipiert wurden und nicht zwingend pistentauglich sind – das bedeutet aber nicht, dass sie garantiert auf der Piste den Dienst einstellen!
Des Weiteren benötigen sie eine Anlaufzeit, bevor die volle Strahlung zur Verfügung steht. Zur Entkeimung direkt vor dem Entnahme-Wasserhahn würde ich sie deshalb nicht einsetzen, da die ersten Wassermengen (wieviel ist unklar) noch nicht entkeimt werden.
Die neueren UV-C LED-Entkeimer nutzen UV-C abstrahlende LED. Z.B. die preiswerte (zwischen 130€ und 225€) PearlAqua Micro 12V mit beidseitig 12mm Schlauchanschlüssen zum direkten Einbau in 1/2″- Schlauchleitungen oder die UV-C LED Wasserdesinfektionseinheit von WM-Aquatec ( ca. 600€).
Die PearlAqua gibt es in 4 verschiedenen Ausführungen mit Durchflussmengen für Trinkwasser von 1,2l/min; 2l/min; 5,3l/min, 8l/min bei jeweils 10mJ/cm2. Für Brunnenwasser muss die Dosis auf 40mJ/cm2 erhöht werden, was mit verringerter Durchflussmenge entsprechend 0,3l/min; 0,5l/min; 1,3l/min; 2l/min erreicht wird. Der Durchfluss muss mit dem Wasserhahn reguliert werden.
Die Entkeimungswirkung ist also abhängig vom Durchfluss.
Alle Geräte können unmittelbar vor der Wasserentnahmestelle montiert werden, da die UV-C LED sofort nach dem Einschalten mit voller Leistung UV-Licht erzeugen. Etwas Wasser aus Hahn, Mischer und Leitungsrest sollte trotzdem ungenutzt abfliessen.
Die UV-C Entkeimungsgeräte bieten sich auch für eine Umlaufentkeimung an, d.h. von Zeit zu Zeit wird das Wasser aus dem Tank an der UV-C LED vorbei und wieder zurück in den Tank gepumpt. Leider lässt sich die Wirkung des Gesamtsystems nicht zuverlässig überwachen oder abschätzen. Für Kleinmengen bis ca. 1 Liter ist der Steripen – siehe weiter unten – gedacht.
Filter-Entkeimung
Der Klassiker! Als Taschenfilter im Rucksack, als Filterkerze im Gehäuse im Haus oder Fahrzeug. Kernstück ist immer eine gebrannte Keramik mit durchgängig definierter Porengrösse, sodass Schwebstoffe, tonige Bestandteile, Protozoen, Bakterien (jedoch keine Viren) usw. zuverlässig zurückgehalten werden. Um eine Verkeimung der Kerze selbst auszuschliessen sind im Innern kleine „versilberte“ Partikel eingeschlossen.
Eine Keramik-Filterkerze entkeimt bis zu 50.000 Liter klares Wasser. Für Pistenreisen sollte die Katadyn Expedition (ehemals No4) oder No7 (Edelstahl) genommen werden. Die beiden Endkappen sind durch ein Metallrohr mit 1/4″ Gewinde verbunden. Die anderen Kerzen haben aufgeklebte Kunststoff-Endstücke, die sich bei uns nur bei der leichten Aktitivkohle-Kerze bewährt haben.
Wählt man eine kombinierte Kerze mit Aktivkohle (Abb.: Superdyn), entfernt man auch Geschmacksstoffe, Nitrate und andere Schadstoffe. Allerdings ist die Lebenszeit der Aktivkohle auf etwa 1/2 Jahr nach Erstbenutzung begrenzt und die Keramikschicht ist dünner. Da die Superdyn leichter als die Ceradyn ist, halten die Kunststoffendstücke eher!
Abb.: Superdyn aufgeschnitten und komplett, Kerze Expedition (ehemals No4) bzw. die baugleiche No7, davor die Aktivkohle-Kerze Carbodyn.
Die Reinigung der Keramik wird bedarfsweise – es kommt weniger Wasser aus dem Hahn – mit dem beiliegenden Schwamm, einer Bürste oder notfalls mit dem Messerrücken vorgenommen. Bei jedem Reinigungsvorgang wird die Kerze dünner. Erreicht sie den Mindestdurchmesser – Messklammer liegt bei – sollte man sie ersetzen.
Im Fahrzeug wird die Kerze im Einbau-Gehäuse EBF (Anschlüsse R 1/2″ innen) nicht liegend, sondern hängend montiert. Die Druckpumpe sollte in der Lage sein, mindestens 3 bar bei mindesten 5l/min zu erreichen, ein Membranspeicher zwischen Pumpe und Entnahmestelle ist zu empfehlen, um das ständige Ein/Aus der Pumpe zu reduzieren und die Lebensdauer des Druckschalters zu verlängern.
Das Filtern mit Einmal-Filtern lehne ich grundsätzlich ab. Aber das muss jeder für sich entscheiden.
Chemisches Entkeimen
Gute und schnelle Entkeimungswirkung erhält man mit dem Zusatz von Chlor. Nur schmeckt das Wasser nicht Jedem. Erinnert an das tauchen Üben im Schwimmbad. Möchte man den Chlorgeschmack beseitigen, reicht es eine kleine Menge Fixiersalz (Natriumthiosulfat) hinzuzugeben. Das Chlor fällt dann aus und das Wasser schmeckt wieder. Für Nichtchemiker gibt es das gut dosierbare Produkt Micropur Antichlor 10ml für 100Liter Wasser. Alternativ kann ein Aktivkohle-Filter eingesetzt werden.
Weitgehend geschmacksneutral ist die Konservierung mit Silberionen.
Diese können z.B an einem Metall-Gewirke gebunden sein, das einfach in den Tank oder Kanister gelegt wird. Die Silberionen werden über 6 Monate, ggfs. auch 12 Monate freigesetzt und konservieren das Wasser zuverlässig. Diese Gewirke oder Siebe gibt es von WM-Aquatec.
Wir selber verwenden Micropur Classic (ohne Chlor!) in der Dose (gerade fürs Foto aus dem Sprinter geholt) mit 100g Pulver für 10.000 Liter. Die Kleinmengen für 10, 20 oder 50 Liter haben wir im Vorfeld abgewogen und messen unterwegs „visuell“ nach Augenmass – Pi mal Schnauze. In unseren 50 Fernreisejahren sind bestimmt 1 bis 2kg Micropur durch unsere Kehlen geflossen – ohne Nebenwirkungen und ohne Reisekrankheiten!
Vergleichbare Produkte gibt es z.B. auch von WM Aquatec oder auch Certisil.
Wirkstoff ist immer Silber.
Nicht entkeimen
Auch das ist möglich!
Allerdings sollte man sich beim Konsumieren von industriell abgefülltem Flaschenwasser nicht 100%-ig auf dessen Keimfreiheit verlassen. Diese ist offensichtlich selbst in Mitteleuropa gelegentlich Anlass für ein Skandälchen.
Unser Steripen mit Nepal-, Äthiopien und Grönlanderfahrung
Kommen doch Bedenken auf, besteht immer noch die Möglichkeit, eine Micropur Forte Tablette in die Flasche zu werfen und 1/2 Stunde zu warten oder den Steripen aus der Tasche zu ziehen. Der Steripen ist ein UV-C-Entkeimer für Kleinmengen. 0,5 Liter Wasser sind in 45 Sekunden entkeimt, auch Tee ist möglich.
Bei „unsicheren“ Gläsern oder Tassen fülle ich diese absolut randvoll. Beim Rumrühren mit dem Steripen spült dann das bereits im Entkeimen befindliche Wasser den möglicherweise verkeimten Trinkrand ab – der Erfolg gab meiner Hoffnung Recht.
Die UV-Röhre hält rund 8.000 Aktivierungen, der Akku ist über USB aufladbar (es gibt auch Varianten für 4 AA-Batterien) und reicht für 50 – 100 Liter – je nach Modell.
Die Masse von lediglich 75g ist kein Hinderungsgrund, ihn mitzunehmen!
Wasserentkeimung Leitungsschemata
Der grundsätzliche Aufbau ist sehr einfach. Die Pumpe saugt das Wasser über ein Rückschlagventil – nicht alle Pumpen sind rückflussdicht – damit nicht bei jedem Pumpenstillstand die Leitung leer läuft, und einen Grobfilter aus dem Tank oder Kanister.
Die Pumpe drückt das Wasser in den Membran-Druckspeicher und durch den Keramik- und/oder Aktivkohle-Filter. Sobald der Druck nach der Pumpe den eingestellten Druck erreicht hat (z.B: 2,5bar) schaltet der Druckschalter die Pumpe ab. Der Membranspeicher drückt noch solange Wasser durch die Filter zum Wasserhahn bis der interne Druckausgleich erreicht ist. Dann schaltet der Druckschalter die Pumpe wieder ein usw.
Hier sind der Keramik- und der Aktivkohle-Filter als separate Einheiten gezeichnet. Wer auf die Beseitigung von Geschmacksstoffen, Nitrate usw. verzichten kann, lässt ihn einfach weg.
Ebenfalls ist die Verwendung des kombinierten Filters möglich. Der Vordruck wird meist am Fahrrad-Ventil auf 1,5bar eingestellt.
Zusätzlich ist der Warmwasser-Kreislauf vom Motor zum Wärmetauscher und zum Boiler skizziert. Zwischen dem Hrale Wärmetauscher und dem
Elgena Boiler kann Warmwasser für die Wohnraumheizung abgenommen werden.
Sofort Warmwasser
Manchmal ist es ärgerlich oder unbequem, wenn aus dem Wasserhahn erstmal kaltes Wasser in den Abfluss läuft, bevor endlich warmes Wasser erscheint. Im Haus wird das mit einer separaten Umwälzpumpe gelöst, die uhrzeit- oder durchflussgesteuert geschaltet wird. Dann läuft die Pumpe z.B. für 3 Minuten an und am Hahn steht warmes Wasser zur Verfügung.
Diese Verfahren ist natürlich auch im Reisefahrzeug machbar, setzt aber eine weitere Pumpe, eine Steuerung und eine komplette doppelte druckbeaufschlagte Leitungsführung voraus.
Dagegen ist die Lösung in unserem Fahrzeug recht einfach und arbeitet ohne jeglichen Wasserverlust und mit nur sehr geringem Wärmeverlust. Genau das ist im Reisefahrzeug mit seinen begrenzten Resourcen notwendig.
Vor dem jeweiligen Warmwasseranschluss des Mischers sitzt ein 12V-Magnetventil und neben dem Mischerhahn ein kleiner Drucktaster. Vom Ventil geht eine drucklose Leitung zum Entlüftungsschlauch des Wassertanks.
Die Funktion:
Wird sofort warmes Wasser benötigt, drückt man für z.B. 10 Sekunden auf den Taster. Das Magnetventil öffnet sofort, die normale Druckpumpe erkennt den Druckverlust und läuft los. Sie pumpt das Wasser zum Magnetventil und von dort drucklos zurück in den Tank. Nach ca. 10 Sekunden (je nach Leitungslänge kürzer oder länger) steht warmes Wasser am Hahn an. Wie lange man drücken muss, wird ausprobiert.
Wenn ich einige Unklarheiten beseitigen konnte und dem Einen oder Anderen einen Tipp für seinen Aus- oder Umbau geben konnte, freue ich mich.
Genauso freue ich mich über Kommentare, Kritik, Ergänzungen und Nachfragen.
Viel Freude beim Planen und Bauen,
Bernd Woick