Letzte Überarbeitung: 7.12.2021
Sie sind viel gereist und haben viel fotografiert – Ihre Dias lagern in Magazinen oder (noch) in Pappschachteln?
Digitalisieren Sie Ihre wertvollen Urlaubserinnerungen, denn es gibt auch eine Zeit nach dem Diaprojektor!
Wir sind seit Jahren damit beschäftigt (gewesen), unsere archivierten Reisedias zu digitalisieren. Unsere Erfahrungen aus über 20.000 verarbeiteten Dias möchten wir ihnen gerne weitergeben, incl. Tipps zu Scanner, Software und Projektion.
Zunächst benötigen Sie Zeit, viel Zeit, genau genommen sogar sehr viel Zeit! Wenn Sie je gescanntem Dia 5 Minuten ansetzen, liegen Sie nicht falsch. Aber es lohnt sich! Sie werden die alten Bilder nicht wiedererkennen und sie mit viel Freude betrachten und vorführen! Selbst stark fehlbelichtete, flaue oder farbstichige Dias, die z.B. inzwischen nur noch blass-rosa-braun scheinenden Agfas, die grünlichen Kodachromes oder die körnigen, gelben Ektachromes aus den sehr heißen Reisegegenden, das einmalige Foto (leider etwas unscharf), der Lichteinfall durch das Patronenmaul, der schiefe Horizont oder der ungünstige Ausschnitt, die hässlichen stürzenden Linien, die Kratzer, der Staub oder die Telefonleitung – die Korrekturmöglichkeiten sind vielfältig.
Dazu benötigen Sie einen möglichst hochwertigen Diascanner mit ca. 4000dpi Auflösung, entsprechend ca. 24 Megapixel bezogen auf ein KB-Dia. Dieser sollte mit einem Magazin ausgestattet sein, damit wenigstens 30 oder 40 Stück automatisch verarbeitet werden und Sie während ein bis zwei Stunden etwas anderes machen können. Auch sollte das Magazin keine Probleme mit unterschiedlichen Rähmchen haben und diese zuverlässig transportieren. Ohne Magazin sitzen Sie neben dem Gerät und spielen Diskjockey im Abstand von etwa zwei Minuten. Da kommt keine Freude auf!
Sie werden vorher bereits eine strenge Bildauswahl treffen müssen und erfahrungsgemäß etwa 30 bis 50% Ihrer Bilder ungescannt entsorgen – nur die besten bleiben übrig! Viele Landschaftsbilder und Ansichten erweisen sich nach vielen Jahren als doch nicht so interessant und bei genauerem Hinsehen hatte man diese sowieso bei jeder Diasshow aussortiert – dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt für deren finale Entsorgung gekommen. Abgesehen von den technischen Vorteilen und dem enormen Zeitaufwand, während des Scannens und des Bearbeitens hat man Muße, die Reise noch einmal miterleben zu dürfen. Und denken Sie ruhig auch mal an später – wie viel einfacher ist es, eine Festplatte umzuziehen oder zu entsorgen, verglichen mit dem Umzug von Diaschränken…
Welcher Scanner?
Einer der unbestritten besten Kleinbild-Dia-Scanner ist der Nikon Coolscan 5000ED mit Magazin SF-210 für ca. 30 bis 45 Dias. Er beherrscht Mehrfachscans und Infrarot-Oberflächenscans und bewältigt dabei einen optimalen Dichte- (Kontrast-)Umfang des Original-Dias von max. 4,8. Damit werden selbst „schwarze“ Schatten noch durchgezeichnet und Lichter separat erfasst und vom Scan-Programm verrechnet, Kratzer und Staub werden nahezu vollständig entfernt! Nur – falls Sie mit Glas gerahmte Dias haben – die Newtonschen Ringe werden leider mitgescannt. Hier hilft nur umrahmen oder ignorieren. Gehandelt werden diese Geräte (2019) über ebay zwischen 900€ und 1.500€ – je nach Zustand.
Probleme mit Nikon Super Coolscan mit SF-210 Magazin und CS-Dia-Rahmen
Diese Diarähmchen bleiben beim Einziehen in den SF-210 gerne hängen, was das automatische Scannen der Dias unmöglich machen kann. In den einschlägigen Foren findet man verärgerte Dia-Fotografen, jedoch keine Lösung.
Auf den folgenden Fotos ist zu sehen, an welcher Kante die weissen Deckplättchen hängen bleiben und wie man diese kaum 8 mm hohe Kante mit einem Mini-Messer/Schaber leicht anfasen (eine Fase erzeugen, Kante brechen…) kann. Vorher konnten wir kaum 5 Dias automatisch einziehen lassen, nach Anbringen der kleinen Fase mehrere hundert problemlos.
Scanner-Software
Leider hat Nikon die Scanner-Produktion vor einigen Jahren eingestellt, sodass man auf den Gebrauchtmarkt angewiesen ist. Gelegentlich sind auf Auktionen auch Neugeräte oder Mietgeräte zu finden. Ebenso leider ist die seinerzeit mit dem Scanner mitgelieferte Scan-Software „uralt“, nicht zuverlässig und auf einigen neueren Betriebsystemen nicht mehr lauffähig (z.B. MacOS ab Lion). Ein Update gibt es von Nikon nicht!
Wir empfehlen mit VueScan zu arbeiten. Das Scan-Programm kostet ca. 75€ und steht unter www.hamrick.com zum Download zur Verfügung. Die Benutzeroberfläche ist Deutsch, das Handbuch – Englisch und steht für Mac, Linux und Windows zur Verfügung.
Scan-Ergebnisse bedürfen, abhängig von den eigenen Ansprüchen, der manuellen Nacharbeit über ein Bildbearbeitungsprogramm. Vor einigen Jahren war Photoshop (mit den hier erwähnten Werkzeugen und Filtern) die erste und auch teuerste Wahl, inzwischen nur noch im Abo zu haben. (Anmerkung: Die zunehmende Aboflut bei ehemals kaufbaren Programmen lehne ich ab und vermeide sie durch Alternativen.) Preiswertere oder kostenlose Programme gibt es in großer Zahl. Ein sehr umfangreiches und kostenloses, in der Handhabung sperriges Programm, das auf den meisten Betriebssystemen läuft, ist Gimp oder auch GimpShop. Download beider Gimp-Programme unter anderem unter http://www.heise.de/download/
Die aktuell herausragenden Bildbearbeitungsprogramme, die dem klassischen Photoshop kaum nachstehen, sind Affinity-Photo (50€) für den Mac und Windows-PC von https://affinity.serif.com/de/ und der sehr umfangreiche GraficConverter (35€) nur für Mac von www.lemkesoft.de.
Anders als der Name „GraficConverter“ vermuten lässt, ist das Konvertieren von Grafikformaten nur noch eine Unterfunktion. Ob vielfältige Bildkorrekturmöglichkeiten wie u.a. Gradationskurven sind auch Entzerrungen, Filter usw. verfügbar. Einmalig dagegen das nicht lineare Entzerren von (Ultra-)-Weitwinkelfotos. Aus breiten Köpfen am Bildrand werden wieder normal proportionierte Gesichter…
Beide Programme sind kompatibel mit den neuen Apple Silicon M Prozessoren. Fotos im HEIC-Format können geöffnet und bearbeitet werden, die Speicherung erfolgt jedoch als rund doppelt so grosse jpg-Datei.
Bei der Auswahl des Programms sollten Sie darauf achten, dass jede der Grundfarben separat bearbeitet werden kann, z.B. mit dem Werkzeug „Gradationskurven“. Affinity Photo bietet hier die Besonderheit sowohl in RGB als auch CMYK arbeiten zu können – ohne vorherige Umwandlung des Fotos in den anderen Farbraum. Nach einiger Übung können Sie damit fast alle normalen und auch die problematischen Bilder farblich gut wiederherstellen. Automatische „Verbesserungs“-Programme versagen bei den meisten alten Dias nahezu völlig. Wenn Sie viel mit Pol-Filtern fotografiert oder starke Weitwinkel verwendet hatten, können Sie die dunklen Ecken mit „Vignettierungfiltern“ aufhellen. Schlechte Objektivkorrektur wie tonnen- oder kissenförmige Verzeichnungen, Farbsäume können mit „Verzeichnung“ beseitigt bzw. gerade gebogen werden. Zum Beseitigen von restlichen Kratzern oder Flecken ist die „Stempel“-Funktion unverzichtbar und Bilder mit leichter Unschärfe können mit „Unscharf maskieren“ wieder ansehbar werden. Das Werkzeug „Tiefen/Lichter“ hilft die undurchsichtigen Schatten separat aufhellen zu können und ausgefransten Lichtern wieder etwas Zeichnung zu geben.
Nur das grobe Korn, das sich besonders in der großen Wüstenhitze gebildet hat, lässt sich nachträglich nach dem Scan-Vorgang nicht weiter reduzieren, ohne auf noch vorhandene Details verzichten zu müssen. Oder doch? Das kostenpflichtige (ca. 10€) Mac-Programm Super Denoising aus dem App-Store kann das Korn reduzieren ohne Details zu verwaschen. Allerdings ist hier Übung erforderlich, bis man die beste Einstellung gefunden hat.
Sie können Ihre Dias natürlich auch fremdscannen lassen! Mehr Details finden Sie unter http://www.filmscanner.info
Und nach dem Scannen?
Sobald eine gewisse Anzahl fertig verarbeitet ist, die Dateien sinnvoll benannt wurden und die Bilddaten auf mind. einem zweiten Datenträger, den Sie an einem anderen Ort aufbewahren (z.B. ein NAS), gespeichert sind, können Sie die gescannten Originale vernichten. Der Speicherbedarf liegt bei etwa 15MB je Bild, die üblichen externen Festplatten können je 1 TB demzufolge über 60.000 Bilder speichern.
Die Sicherheit? Ihre Originale waren nicht so sicher aufbewahrt, wie die digitalen Daten es sein können. Die Originale verschlechtern ihren Zustand Jahr für Jahr, können Stockflecke oder Schimmel bekommen und im Falle eines Diebstahl-, Wasser- oder Feuerschaden wären sie unwiederbringlich verloren.
Der Platz? Selbst mehrere Festplatten sind deutlich platzsparender als die Diasammlung.
Der Zugriff? Sie finden gezielt und in Sekundenschnelle einzelne Bilder, das Zusammenstellen einer einfachen digitalen Diashow ist in weniger als einer halben Stunde erledigt.
Die Gestaltungsmöglichkeiten einer Diashow sind um ein Vielfaches größer als von den analogen Dias!
Intuitiv zu bedienen, sehr umfangreich in den Werkzeugen und mit einfachster Einbindung auch von Videos ausgestattet ist das Programm FotoMagico 5 Pro, das allerdings nur für Mac – läuft auch unter Monterey – verfügbar ist. Beziehbar über http://www.application-systems.de/fotomagico ab ca. 45€ (FotoMagico 6 läuft nativ auf M-Prozessoren ist aber nur noch als Abo erhältlich). Darin enthalten ist ein Standalone Player, der es ermöglicht, die fertige Dia- und Videoshow in einer einzigen Datei zusammenfassen und diese dann auf beliebigen anderen Macs abspielen zu können.
Wie zeige ich meine digitalisierten Dias? …
Wie zeigt man seine digitalisierten Dias?
Vergleichen wir die konventionelle Leinwandprojektion mit den derzeitigen digitalen Auflösungen der Wiedergabegeräte wie Beamer oder LCD Bildschirm.
Ein hochwertiger 100ASA Diafilm ist oder war in der Lage ca. 100 Linienpaare/mm aufzulösen. Das entspräche dann 200px/mm, entsprechend 7200 x 4800px = 35 Megapixel. Von diesen Rechenwerten sind jedoch erhebliche Abstriche in der Praxis zu machen, durch die Aufnahme-Objektive, Körnigkeit, Kontrastabhängigkeit, Planlage und dann im 2. Schritt durch das Projektionsobjektiv, den Projektor und erneut die Planlage.
Dias, die mit Canon Festbrennweiten auf Fuji 50 Professional aufgenommen worden sind und mit Leica bzw. Kodak Projektoren projiziert wurden, lassen auf eine reale visuelle Auflösung bei bestem Kontrast von ca. 6 bis 8 Megapixeln schließen. Natürlich mit dem bekannten analogen Korn und anderen „analogen“ Fehlern, wie Vignetierung, Randunschärfe durch schlechte Planlage der Filme usw.
Das lästige Ploppen der Dias im Rähmchen und das darauf folgende Schärfe-Nachstellen – zumindest für die Bildmitte – ist wohl Jedem bekannt.
Dagegen weisen Full-HD-Beamer und Bildschirme (1980 x 1080pxl) eine Auflösung von lediglich 2,1 Megapixeln auf. Da das digitale Bild in der Regel jedoch einen wesentlich ruhigeren Farbeindruck vermittelt, fällt das den meisten Betrachtern genausowenig auf, wie der deutlich kleinere Farbtonumfang.
Aber die perfekte 4k-Technik hat die Full-HD Technik zügig verdrängt und ist inzwischen zu vertretbaren Kosten verfügbar. UHD/4k-Geräte bieten eine Auflösung von 3960 x 2160px, entsprechend 8,5 Megapixeln.
Damit sind die Qualitätsträume der Heimprojektions-Freunde Realität!
Ein – für unsere Verhältnisse – gravierender Nachteil des Beamers ist die Empfindlichkeit gegenüber Streulicht, Seitenlicht, Decken-Reflexionen usw. Selbst in einem völlig abgedunkeltem Raum erreicht er bei weitem nicht den Kontrast, die klaren Farben und die Schärfe eines 4k-TV-Bildschirms! Das Beamer-Bild wirkt auf der Leinwand vergleichsweise flau – dagegen punktet er mit einer möglichen riesigen Projektionsfläche.
Viel Spaß bei der Aufbereitung Ihrer Reisevergangenheit.
Bernd Woick.