E-Auto – Verbrenner, H2 oder Batterie – geht uns der Strom aus?
Hybrid ist für mich das Unwort des Jahrzehnts. Es steckt keinerlei brauchbare Aussage mehr darin. Mildhybrid mit Riemengenerator, Hybrid mit mechanischem und zusätzlich elektrischem Antriebsstrang, PHEV usw. Man nehme einen Prius und entbeine diesen um seine elektrischen Antriebskomponenten und die dazugehörigen Umbauten und Verstärkungen – es darf vermutet werden, dass dieser reine Verbrenner-Prius nicht oder nur unwesentlich mehr verbrauchen würde, als sein Hybrid-Pendant.
Für die folgenden Betrachtungen trenne ich zunächst – gedanklich – die Kraftmaschine vom Antriebsstrang.
Der mechanische Antriebsstrang besteht seit über 100 Jahren aus einer Vielzahl mechanischer Komponenten: Kupplung/Drehmomentwandler – Schaltgetriebe/Automat – Kardanwellen – Differenziale – Sperren – Verteilergetriebe – Antriebswellen.
Das steht wohl unter Denkmalschutz aber es ist keine Kunst. Das kann also weg!
Der elektrische Antriebsstrang setzt sich, vereinfacht ausgedrückt, aus einem Generator, ein paar Drähten und mindestens einem Elektromotor zusammen. Diese Kabel reichen aus, um alle denkbaren Antriebsvarianten verwirklichen zu können. Auch Allrad mit kraftschlüssigen Sperren (bitte nicht an so weitgehend unbrauchbare Softwarelösungen wie Sperren über ESP denken) ist machbar.
Wie dieser Antriebsstrang mit Kraft versorgt wird, ist offen. Technologieoffen und angepasst.
Mit grosser Sicherheit kann man behaupten, dass künftige Autos einen rein elektrischen Antriebsstrang aufweisen werden. Er ist effizienter, einfacher, leichter, platzsparender, skalierbar und letztlich mit geringeren Kosten behaftet.
Ein Beispiel für ein Fahrzeug mit elektrischem Antriebsstrang:
Die dieselelektrischen Liebherr Muldenkipper transportieren je rund 400t Gestein aus den Tiefen des Kupfer-Tagebaus in Chucuicamata/Chile. Eine Fahrt dauert 45 Minuten – Fahrer sind ausschließlich Damen (sie neigen nicht zu Elefantenrennen, laut Aussagen der Mine).
Die Kraftmaschine ist das komplexere Element, da ihre Konzeption unmittelbar vom zur Verfügung gestellten Energiespeicher abhängig ist.
Geht man vom gerade gehypten Elektroauto aus, bilden eine Batterie und ein oder mehrere Elektromotore die Kraftmaschine.
Ein einzelner Elektromotor erfordert ein Differenzialgetriebe und Antriebswellen. Das ist billig, nicht sonderlich effektiv und beschäftigt langjährige Zulieferer von Getrieben weiter.
Erst mit zwei Elektromotoren, die sich bevorzugt als Nabenmotore darstellen, entfallen sämtliche mechanischen Komponenten und es ist eine kraftschlüssige Differenzialsperre machbar.
Verbaut man deren Vier, hat man einen wunderschönen Allrad realisiert. Dass Nabenmotore derzeit noch etwas schwer und voluminös sind, ist bei normalen Fahrzeugen vernachlässigbar, bei sportlicheren Betätigungen ist die ungefederte Masse nicht akzeptabel. Noch.
Leider zeigt die Erfahrung, dass für die automobile Fortbewegung über längere Strecken oder solche gar mit Wohnwagen die notwendigen Batterien das vernünftige Maß bei weitem übersteigen würden. Zu schwer, zu voluminös – na ja und auch ein bisschen zu teuer…
Da diese Batterien auch geladen werden wollen, besteht erheblicher Bedarf an Hochleistungsladestationen. Diese Infrastruktur wird seit einigen Jahren aufgebaut – und ist abschreckend. Monopolartige Strukturen, undurchsichtige Preisgestaltung, schlechte Verfügbarkeit, zu Hause nur mit Einschränkungen realisierbar.
Kann man machen – muss man aber nicht. Leider beharren manche auf genau dieser Sackgasse. Schade.
Schade? Nicht für die Steuereintreiber!
Man bedenke die durch die zunehmende Elektrifizierung des Strassenverkehrs gegen Null gehenden Steuereinnahmen aus dem Mineralölverkauf!
Hier breitet sich ein riesiges Feld einfach einzuziehender Gelder aus. Auch das Laden mit selbsterzeugtem PV-Strom läuft über Zähler und kann gemessen werden! So wird die kWh wohl bald den einen oder anderen Euro überschreiten. Das Elektroauto wird zur Kuh des Finanzamts.
Aber das Unsachliche nur mal nebenbei.
Bleiben wir noch batterieelektrisch – vor Kurzem wurde das Startup SALD B.V. gegründet, das auf den erfolgreichen ALD-Forschungen der Fraunhofer Institute und der Niederländischen Forschungsorganisiation TNO aufsetzt. Entwickelt und bereits in Kleinserie umgesetzt wurde ein Fertigungsverfahren, das die Elektrodenbeschichtung als „Spatial Atom Layer Deposition“ durchführt. Dadurch kann die Kapazität der Lithium Batterie verdoppelt bis verdreifacht werden. Zumindest die Reichweitenangst wäre damit beseitigt…
Man rechnet mit der Einführung marktreifer Batterien bis 2025 – also ungewöhnlich zeitnah. http://spatialald.com und journalistisch aufbereitet: https://www.presseportal.de/pm/148814/4758293
Woher kommt unser Strom?
Es bleibt die Frage, woher der „Strom“ kommen soll – Braunkohle, Öl, Windkraft, PV-Solar, Erdgas, Biogas, Kernkraft?
Im Jahr 2019 betrug der Kraftstoffverbrauch in Deutschland 563 TWh.
Im Jahr 2019 betrug die gesamte erzeugte elektrische Leistung in Deutschland 516 TWh (37 TWh Exportstrom abgezogen). Davon 150TWh aus Kohlen, 71 TWh aus Kernkraft, 237 TWh aus Erneuerbaren.
Fahren wir doch gedanklich einfach mal mit allen Autos elektrisch und gehen von einem elektrischen Äquivalent von 1/3 des Verbrenner-Kraftstoffs aus.
Dann benötigen wir 187 TWh elektrische Energie für unsere Autos. 37 TWh hat Deutschland exportiert, also bleibt ein Nettomehrbedarf von rund 150TWh.
Das erfordert entweder eine deutliche Zunahme der Erneuerbaren von 237 TWh auf dann 387 TWh oder die Wiederinbetriebnahme abgeschalteter Kernkraftwerke, die man vermutlich besser nicht abgeschaltet hätte. Aber diese Diskussion möchte ich hier nicht führen, da schon lange vom sachlich Rationalen auf Bauchgefühl und Glauben umgeschaltet worden ist.
Beide Varianten sind in dem Zeitraum, in dem die „Verbrenner“ verschwinden sollen, nicht umsetzbar. Der Not gehorchend wird man die individuellen Ladezeiten kontingentieren. Der Stromversorger wird die Ladezeiten häppchenweise zu Zeiten, die er für richtig hält, zuteilen. Nein danke!!!
Die vom Netz losgelöste dezentrale Erzeugung elektrischer Energie – eben im Fahrzeug direkt über Verbrenner/Generator oder Brennstoffzelle wird sich als notwendiger Kompromiss erweisen.
Dogmen bitte beiseite und Scheuklappen abgelegt – der Verbrenner ist eine gute Wahl.
Als Antrieb für einen Generator läuft er mit konstanter Drehzahl und konstantem Drehmoment. Motore, die auf diesen Betriebszustand hin optimiert werden, haben Wirkungsgrade von über 50%, die Abgasnachbehandlung ist vergleichsweise einfach.
Ein aktueller MAN Diesel als langsamlaufender Zweitaktdirekteinspritzer ausgeführt, läuft mit 60% Wirkungsgrad. Okay – es ist ein Schiffsdiesel mit rund 25.000PS – aber der Weg ist gangbar.
Ähnliches kann auch vom Wankelmotor erhofft werden. Als Generatorantrieb und als Vielstoffmotor (Benzin/Diesel/Methanol) ausgeführt, leicht, sehr kompakt, leise und vibrationsarm soll die Kombination mit elektrischem Antriebsstrang von Mazda im MX30 ab 2021verwirklich werden. Warten wir’s ab.
Die notwendigen Batteriepakete sind erheblich kleiner, leichter und billiger – erlauben trotzdem die täglichen Fahrten (100 – 200km) rein elektrisch – für die Langstrecke springt der Verbrenner an und lädt nach.
Als denkbare Kraftstoffe kommen sowohl Gase (Wasserstoff, LPG, Methan) als auch Flüssigkraftstoffe (Benzin, Diesel, Rapsmethylester, Methanol, e-Fuel) und deren Derivate in Frage.
Für diese Variante muss weder die Infrastruktur geändert, noch die Ladestruktur übermässig erweitert werden.
Die Brennstoffzelle kann in Verbindung mit einer moderat grossen Batterie ebenfalls als Kraftmaschine/Generator dienen. Möchte man Brennstoffzellen direkt mit Wasserstoff betreiben, sind aufwändige Einbauten am Fahrzeug erforderlich. Nicht nur die 700bar-Hochdrucktanks (sieht man von nicht serienreifen Feststoffspeichern ab) auch die Peripherie muss unfallsicher gestaltet werden, die erforderliche Infrastruktur incl. Tankstellen, Transport ist unverhältnismässig kostenaufwändig, zumal sie komplett neu geschaffen werden muss. Auch ist die Erzeugung von Wasserstoff sehr energieaufwändig und von sehr schlechtem Wirkungsgrad. Der Transport erfordert spezielle Tankfahrzeuge mit integrierten Kältemaschinen.
Über den Gesamtwirkungsgrad ist schon viel gerechnet worden – er ist einfach schlecht.
Betreibt man die Brennstoffzelle mit Wasserstoff aus einem LOHC Flüssigspeicher, sieht das auch sehr gut aus. Bei diesem Verfahren wird der Wasserstoff in einem ungiftigen ölartigen Toluol chemisch gebunden und kann dann bedarfsweise in die Brennstoffzelle eingespeist werden.
1 Liter LOHC speichert 1850 KWh, das sind immerhin knapp 1/5 von Dieselkraftstoff! Die Flüssigkeit kann wie normaler Kraftstoff gelagert und der Wasserstoff getankt werden, die konventionelle Transport- und Tankinfrastruktur kann beibehalten werden. Inwieweit die Reformierung auch im Fahrzeug dezentral erfolgen kann, ist nicht eindeutig.
Dagegen wird an Brennstoffzellen, die LOHC direkt in elektrische Energie umwandeln, gearbeitet.
https://www.hydrogenious.net/index.php/de/products-2/thereleaseunit/
https://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2018/2018-04-19-lohc-zug.html
Vergleichbar einfach wäre es, die Brennstoffzelle über einen Methan-Reformer mit Wasserstoff versorgen zu können. Die Versorgungsinfrastruktur ist vorhanden, jede normale Tankstelle kann das bedienen. Ansätze dafür gibt es seit Jahrzehnten, Lösungen im Leistungsspektrum von 20 bis 500W sind seit Jahren erfolgreich auf dem Markt. efoy.com
Die Firma Gumpert rolandgumpert.com realisiert den Sportwagen „Nathalie“. Methanoltank, Reformer, Brennstoffzelle, kleines Batteriepack, Allrad durch vier Nabenmotore.
Reichweite max. 1200km im Eco-Modus, bei 120km/h 820km, 400kW, Spitzengeschwindigkeit städteuntaugliche 300km/h. Dieses handwerklich produzierte Technologiepaket kann man käuflich erwerben, wenn man bereit ist rund 100.000€ aufzubringen. Pro Rad!
Trotzdem – dieses Paket ist zukunftsweisend und in Grossserie schliesslich auch bezahlbar.
Einige Verfahren zur Herstellung von Methanol aus den unterschiedlichsten Rohstoffen habe ich erst vor wenigen Jahrzehnten untersucht und bewertet. Vieles davon ist nach wie vor gültig.
https://berndwoick.de/kraftstoff-kann-man-aus-allem-machen-hauptsache-bio/
Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Redox-Flow-Batterie.
https://de.wikipedia.org/wiki/Redox-Flow-Batterie
In einem Tank 1 befindet sich „geladene“ Flüssigkeit. Diese wird durch eine Membran gedrückt. Dabei wird elektrische Energie frei. Die „entladene“ Flüssigkeit kann aus Tank 2 entnommen werden und extern erneut „geladen“ werden, usw… Da die Elektrolyte als Salzlösung dargestellt werden, wird der Begriff „Elektroauto fährt mit Salzwasser“ in manchen Artikeln verwendet.
Die Flüssigkeiten (Elektrolyte) sind tankstellengeeignet und erfordern somit keine Umstellung der Infrastruktur. Leider ist die Energiedichte mit 80 bis 100Wh/Liter sehr gering. Zum Vergleich: Eine übliche 80kWh Elektroauto-Batterie würde dann durch einen 800 bis 1.000Liter-Tank ersetzt werden. Dazu käme das gleiche Volumen für die „entladene“ Flüssigkeit. So nicht. Noch nicht!
Unter dem folgenden Link zur Redox Flow Cell Forschung am Fraunhofer Institut findet man eine sehr gute Zusammenfassung und Details zu dieser durchaus interessanten Technik.
https://www.ict.fraunhofer.de/de/komp/ae/rfb.html
Den Weg aus diesem Energiedichte-Dilemma verspricht die Nano-Flowcell Technologie der Forschungseinrichtung von Herrn Nunzio di Vecchia aus Kilchberg in der schönen Schweiz.
Seine Elektrolyte versprechen 600Wh/Liter – damit wäre man bei einem akzeptablen130 Liter Tank für 80kWh angekommen. Dazu kann bei seiner Technologie der zweite Tank entfallen, da das entstehende Wasser als Wasserdampf wieder in die Umwelt abgegeben wird.
Alles nur Theorie?
Die Firma hat zwei eigene Fahrzeuge mit dieser Technik entwickelt – Quant und Quantino – die laut Webseite bereits 500.000km zurückgelegt haben.
2016 durfte das renommierte Auto-Magazin Auto-Motor-Sport den Quantino probefahren. Das Ergebnis war durchweg positiv – mit einer Einschränkung – der Tankvorgang war den Journalisten nicht zugänglich. Damit kann keine Aussage über das Volumen, die Flüssigkeit, den Verbrauch gemacht werden.
Hier der Link zum Bericht von AMS.
https://www.auto-motor-und-sport.de/fahrbericht/nanoflowcell-quantino-fe-im-fahrbericht-elektroauto-nachtanken/
Nanofuelcell betreibt auch eine sehr schöne Webseite und erstellt ein Magazin. Die Beiträge in dem Magazin beziehen sich ausschliesslich auf deren eigene Technik – leider ist kein Artikel datiert. Es lohnt sich aber, darin zu stöbern.
Bild‘ dir deine eigene Meinung.
https://www.nanoflowcell.com/de/
Dieser Artikel wird weiter ergänzt werden….