Das war nicht der beste Tag
31. Dezember 1984
Irgendwo in der Sahara. Noch 300km bis Timbuktu. Wir fuhren nicht ganz gemütlich über die unendliche, topfebene Serir. Der Fahrer schaute mal nach rechts oder mal nach links oder auch mal nach vorne. Ein riesiges schwarzes Loch, ein Brunnen womöglich, nur wenige Meter vor dem G!
Ein scharfer Riss am Lenkrad nach rechts – upps, der Anhänger, dachte ich wohl – und ruderte zurück – und das war nicht wirklich gut! Im rechten Rückspiegel wurde es rot und die mickrigen PS kämpften gegen den Bremsanker. Anhalten war also nicht das Problem.
Die Schäden fand ich überschaubar. Rücklicht hinten rechts zerbröselt, Anhängerdach verbogen, Gestänge auch, die Achse auch, die Deichsel auch, das Zugrohr auch. Aber innen war alles okay – bis auf den Staub. Zusammen mit unseren älteren Freunden aus der Schweiz im zweiten G haben wir ihn wieder auf die Räder gestellt und dann erstmal ausgiebig Mittag gemacht.
Putzen, gerade biegen, Dach mit Gurt schließen. Hubdach und Stehhöhe waren Vergangenheit.
Das grosse schwarze Loch entpuppte sich als Kamelkuhle, die ich in der entscheidenden Sekunde wohl etwas falsch interpretiert hatte…
Unseren „Lion allemand“ (Berner Sennenhund „Ergo“) im G hat das alles nicht berührt. Mit stoischer Gelassenheit hat er auf sein Futter gewartet.
Wenige Tage später erreichten wir ohne nennenswerte Probleme Timbuktu.
Wasser, Sand und Bremse –
eine ungute G-ombination
15. Januar 1985
Eine Traumreise durch die algerische Sahara ging zu Ende.
Der eine oder andere Alptraum mit unserem Globedriver Prototypen war natürlich auch dabei – aber davon in einem späteren Beitrag.
Diese fast 1 km lange Furt durch den Niger war jedenfalls gemässigt abenteuerlich und fotogen. Alle Sperren aktiviert, Untersetzung ‚rein und durch. Ein dickes Ende kam erst in Stuttgart. Beim PWI. Nach 6 Wochen Afrika war es an der Zeit für eine Inspektion. Da dachte ich an Ölwechsel, Filterwechsel, abschmieren, Scheibenwischer usw.
Nichts da, die hinteren Bremstrommeln, hiess es, seien verschlammt. Fand ich normal, müssten eben gereinigt werden.
Nicht so in diesem Fall. Neue Bremstrommeln, neue Bremsbacken wären erforderlich, nicht mehr reparierbar. Totalschaden. Bei km 35.000? Bei einem neu konstruierten Geländewagen? Jedenfalls dieses Problem kannte ich vom VW-Bus oder Landrover nicht. Konstruktionsmangel?
Nach tagelangem G-zerfe mit dem (in G-Kreisen sehr bekannten) Herrn von der Reklamationabwicklung blieb nichts anderes übrig, als uneinsichtig die Rechnung zu bezahlen.
Nach jeder Wasser- oder Schlammdurchfahrt hätte ich die Bremstrommeln abnehmen müssen und reinigen! Meine Frage, wo das im Handbuch stünde und wo das dafür notwendige Werkzeug sei, bekam ich nie eine Antwort. Dafür eine schriftliche Bestätigung, dass ich das Fahrzeug nicht bestimmungsgemäss eingesetzt hätte.
Welche Bestimmung hat denn ein Geländewagen?
Schliesslich hielt er aber auch ein Ausgleichsangebot bereit, genau auf meinen Bedarf zugeschnitten und von mehrfachem Wert der Bremsenreparatur:
Es wurde kostenlos ein Tropenkühler montiert und eine leistungsfähigere Wasserpumpe mit neuem Lüfter eingebaut.
Habe mich freundlich bedankt.
Anhänger auf Abwegen
26. Januar 1985
Auf der Wellblechpiste zwischen Silet und Tamanrasset zeigte der Rückspiegel ein neues Bild – einen klitzekleinen roten Punkt am Horizont. Unser Globedriver, einfach stehengeblieben! Am G hingen noch die Nato-Zugöse und ein Stückchen Deichselrohr. Vorgeschädigt und glatt abgerissen!
Erst am Vortag musste ein 25cm langer Riss im linken Deichsellängsträger mit 2 Batterien (=24V), Starhilfekabeln und den Castolin 680S Elektroden geschweisst werden. Für Nachmacher: Ohne sehr sehr viel Übung im Elektrodenschweissen geht mit 24V absolut nichts. Knapp 0,2mm Lichtbogen und eine Berührung mit dem Schweissgut führt zum sofortigen Durchglühen der Elektrode.
Meine immer vorhandene Reparaturwut hatte jetzt einer mehr allgemeinen Wut Platz gemacht. Das Deichselrohr konnte ca. 10cm herausgezogen werden, durch die neu gebohrten 11mm Löcher passten die Schrauben und die Natozugöse war wieder fest!
Eine Auflaufbremse hatte der Globedriver jetzt nicht mehr – der TÜV war weit weg. Passt.
Wir erreichten unsere Heimat pünktlich und ohne weitere Zwischenfälle.
Am Globedriver haben wir statt der montierten, auch sonst sehr anfälligen Grau-Achse eine Alko-Achse verpasst, die in allen künftigen Globedrivern eingesetzt worden war. Problemlos und zuverlässig.
Das Gespann wurde später nach München verkauft. Der neue Eigentümer spendierte dem Globedriver einige unsichtbare Stauräume, die er bis zu einem Gefängnisaufenthalt zum Drogenschmuggel verwandt hatte…
Ohne Bremse geht’s nur flott bergab
Windhoek, 25. März.1994
wir holten den bei M&Z Motors gewarteten 300GD in der Werkstatt ab. Ausser den üblichen Dingen, wie Ölwechsel, Filterwechsel usw. waren jetzt auch die hinteren Bremsbeläge fällig gewesen.
Uitkyk-Pass, 1. April 1994
Auf der Kuppe der Schotterstrasse, laute Geräusche „von hinten“, mein Fuss tritt ins Leere, hektisches Pumpen. Nichts!
Handbremse gezogen, der Hebel kam widerstandslos hoch. Nichts! Der G rollte scheinbar unaufhaltsam Richtung steilabfallender Serpentinenstrecke…
Rechts war Steilabhang, links Felswand. Gegebenenfalls wäre der Bremsbelag „Felswand“ abgerufen worden. Unter Verlust roter Farbe und so…
In letzter Not riss ich den Automatikhebel in den Rückwärtsgang und etwas unwillig bremste der G ab und bewegte sich rückwärts bergauf.
Tief durchatmen. Steine vor und hinter die Räder. Eine Ölspur zeigte unseren Weg. Geschmacks- und Geruchstest: Bremsflüssigkeit. Obligatorischer Gang „unters“ Auto, links hinten sah es nicht so gut aus. An eine nachhaltige Reparatur, während wir den Weg versperrten, war nicht zu denken.
Bremsleitung nahe der Bremsankerplatte abgesägt, auf 10cm plattgedrückt und im Zick-Zack gefaltet. Bremsflüssigkeit nachgefüllt. Motor gestartet und die Fussbremse getestet, ein Bremskreis funktionierte jetzt. Die platte Leitung war nahezu dicht.
Im 1. Gang mit Untersetzung ging’s im halben Schritttempo einige km bergab, bis zu einer ebenen Fläche. Hochbocken, hinteres Rad abnehmen, Bremstrommel abnehmen – schnell und problemlos.
Der Anblick der Bremse hob unsere Stimmung ungemein.
Da blieb nur die Bremse leerzuräumen, die platte Bremsleitung zu prüfen und mit nur einem Bremskreis, ohne Handbremse gemächlich durch die Cedarberge nach Kapstadt zu zuckeln. Ohne Zeitdruck. Es war ja Ostern.
Am 5.4. erreichten wir Mercedes McCarthy in Epping. Begutachtung der Bremse, Ersatzteile mussten über Johannesburg aus Deutschland geordert werden. Fahren mit unserem Provisorium erstmal weiter.
Am 12.4. waren die Teile da. Beide Bremstrommeln werden ausgedreht, ein neuer Zylinder und die Beläge beidseitig ersetzt. Um 17.30 waren wir abfahrbereit.
Abends feierten wir heftig Geburtstag.
Warum funktionierte der 2. Bremskreis nicht?
Durch das gelöste untere Gegenlager (Schraube war nicht korrekt angezogen!) hatten die Bremsbacken mehr Freiheit als üblich. Das führte zum Herausdrücken des Bremskolbens und sorgte gleichzeitig für eine Handbremse ohne Wirkung.
Durch mein heftiges Pumpen mit dem Bremspedal leerte sich der Servolenkung-Unterdruckbehälter. Das Pedal musst nun mit voller Kraft ohne Servounterstützung gedrückt werden. Mit der massiven Gewalt drückte ich das Pedal bis ans Bodenblech – und hier war Schluss. Der 2. Bremskreis kam nicht zur Wirkung.
Es wurden später modifizierte Hauptbremszylinder verbaut…..
Und M&Z Motors nach unserer Rückkehr? Freundliches Schulterzucken.
Der Tauschmotor
Frühjahr 1986
Unser neuer 300GD war wenige Monate alt und lief super – langsam. Sehr langsam. Autobahn, warmgefahren – der Zeiger zittert bei satten 105km/h. Müsse man erst einfahren, sagte Mercedes.
Wir hatten unserer Azubine (gendergerecht für einen weiblichen Azubi) Claudi versprochen, dass sie mit dem G, Maggiolina und Freund nach Tunesien fahren dürfe, um dort Katalogfotos schiessen zu können.
Aber nicht mit 100 km/h unter dem Dachzelt.
Die PWI (PKW-Werks-Instandsetzung) war stets eifrig bemüht, Leistung zu finden. Auf dem Rollenprüfstand wurden „so um die 60PS“ ermittelt. 60! Dachten, das hätten wir hinter uns.
Bei km 20.000 – nur wenige Wochen vor Claudis Tunis-Fähre – entschied man sich, den Motor zu tauschen.
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Mindestens eine Probefahrt und die ersten km selber fahren. A81 bis Rottweil und wieder zurück. Nachts. Bis Rottweil ging’s super, dann wenden und zurück.
Die Nadel mühte sich beim Überholen eines Sattelzugs gen 120km/h. Begeisterung! Adrenalin! Geschwindigkeitsrausch!
Schlagartig war alles Licht aus. Gerade noch vor den Zug geklemmt, rechts raus. Anhalten. Rauch und erste Flammen aus dem Motorraum, das Massekabel glühte dunkelrot. Die Augen brannten. Irgend etwas wimmerte laut.
Das Original Schweizer Offiziersmesser mit Säge! Nach einigen Minuten war das Massekabel durchgesägt. Der Motor lief noch – und das Licht ging wieder an. Hell, heller.
Mit sehr zurückhaltender Fahrweise erreichten wir Sillenbuch. Am nächsten Morgen war der G-scheiterte im PWI.
Der Anlasser war während der Fahrt eingerückt und nicht mehr ausgerückt. Verrückt!
Nach zwei Tagen waren wir wieder vereint. Nur noch eine Woche bis zu Claudis Abfahrt. Erneute Probefahrt? Lächerlich. Wozu? Mercedes! Den inneren Schweinehund habe ich überwunden. Bis Rottweil, nachts, dann wenden und zurück. Bis Horb am Neckar. Licht aus, Rauch, Flammen, Massekabel glüht, abgesägt. Aber: Säge abgebrochen wegen meiner Hektik.
Am nächsten Morgen war ich der Meinung, dass der G abgeholt werden sollte – keine Lust damit noch irgendwohin zu fahren.
Zwei Tage später brachte! man den G nach Sillenbuch.
Bei der Montage des neuen Motors war das Kabel zum Anlassermagneten an der Spritzwand eingeklemmt worden. Sobald alles warm genug war, spurte der Anlasser ein. Und blieb dort. Bis die Batterie leer war und der Anlasser brannte.
Mein zerbrochenes Offiziersmesser bekam ich nicht ersetzt, da das von der Garantie nicht abgedeckt sei.
Claudis Tunesientour verlief völlig problemlos.
Pharaonen und Motoren
Das Wüstenabenteuer Pharaonen-Rallye – G-Club Mitglied Bernd Woick berichtet.
Anfang August 1989, das Telefon klingelt: „Hallo Bernd, hier ist Florian, hast du Lust, die Pharaonen-Rallye mitzufahren – als Presse und Assistance?
Ein echter Fernreise-Freak kann hier nur ein empörtes „Nein“ verlauten lassen, ich schob das Problem daher höflich vor mir her:
„Bis wann musst du Bescheid haben? In 14 Tagen. Okay, ich rufe dann zurück“.
…ab nach Ägypten…
Meinen Bericht, der im G-Club Magazin „Der Geländewagen“ im November 1989 erschienen ist, kann man unter dem unten stehenden Link lesen und downloaden.
Der Link zum vollständigen Bericht:
https://berndwoick.de/wp-content/uploads/2020/06/Pharaonen-Rallye-G-Club-041989.pdf